4.2 Photovoltaische Anlagen

 

Photovoltaik (PV) bezeichnet die direkte Umwandlung von Sonnenenergie in Strom mittels Solarzellen. Grundsätzlich lassen sich zwei photovoltaische Anlagetypen zur Nutzung der Sonnenenergie voneinander unterscheiden: Inselsysteme oder netzunabhängige Systeme und netzgekoppelte oder netzparallele Systeme. Inselsysteme sind unabhängig vom Stromnetz und werden bei Bedarf durch eine andere Stromquelle, z.B. einen Dieselgenerator unterstützt. Bekannt sind die Einsatzmöglichkeiten für Uhren, Taschenrechner oder Parkscheinautomaten. Inselsysteme haben aber auch dort Sinn, wo die nächste Stromquelle sehr weit entfernt ist, was beispielsweise einen Einsatz in Ländern der Dritten Welt sinnvoll macht.

In Deutschland werden überwiegend netzgekoppelte Photovoltaik-Anlagen – also mit Anschluß an das Stromnetz – installiert. Überschüssig produzierter Strom wird in das Netz eingespeist, deckt die eigene Produktion den Bedarf nicht, so wird zusätzlich Strom aus dem Netz aufgenommen.

Um jedoch über den Sinn des Einsatzes und die Wirtschaftlichkeit von Solarzellen Aussagen treffen zu können, ist zuvor eine physikalische Betrachtung der eigentlichen Solarzellen und der gesamten Anlage notwendig.

In diesem Kapitel soll die Technik der Photovoltaik beschrieben und typische Anlagenkonfigurationen aufgezeigt werden. Wie bei der Betrachtung der solarthermischen Anlagen sollen auch hier Fakten für die Wirtschaftlichkeit aufgegriffen werden.

 

Aufbau einer photovoltaischen Anlage

Eine photovoltaische Anlage besteht im Prinzip aus zwei Hauptbestandteilen; den Modulen und dem Wechselrichter. Solarzellen können nur geringe Leistung erbringen. Sie werden daher zu größeren Modulen zusammengeschaltet. Außerdem können Solarzellen und somit auch die Module nur Gleichstrom produzieren, der für den Gebrauch von Haushaltsgeräten unbrauchbar ist. Der Gleichstrom muß also zuerst über einen Wechselrichter, der auch die Verbindung zum Stromnetz möglich macht, in Wechselstrom mit einer Spannung von 230 V und einer Frequenz von 50 Hz umgewandelt werden.

Abbildung 4.2.1 zeigt den schematischen Aufbau einer Solarzelle:[1]

 

Rohstoff für Solarzellen ist in der Regel der Halbleiter Silizium. Es ist das zweithäufigste Element auf der Erde und somit zum einen in ausreichendem Maße verfügbar und zum anderen billig. Silizium, wie es in der Natur vorkommt, ist allerdings nicht direkt zum Bau von Solarzellen geeignet; es muß vorher zwei Arbeitsschritte durchlaufen. Es muß dotiert und in eine möglichst homogene Kristallstruktur gebracht werden. Der zweite Arbeitsschritt ist entscheidend für den Preis und die Qualität des Endproduktes. Aber kommen wir zunächst zur Dotierung: Silizium ist ein Element der vierten Hauptgruppe. Es bildet eine Kritallstruktur aus, in der alle Elektronen in den Gitterverband eingebunden sind und somit unter normalen Bedingungen nicht zur Leitung elektrischer Energie bereitstehen. Leitend wird ein Halbleiter erst, wenn ihm Wärme zugefügt wird und somit Elektronen aus dem Verbund herausgerissen werden; diese Eigenschaft hat allerdings für die Betrachtung der Solarzelle erst einmal keine Bedeutung. Man verunreinigt (dotiert) das Silizium nun mit Elementen der fünften oder der dritten Hauptgruppe.

Im ersten Fall, bei der Verunreinigung bzw. Dotierung mit einem Element aus der Fünften Hauptgruppe, ist ein überflüssiges Elektron im Gitterverbund vorhanden (n-Dotierung). Im zweiten Fall stehen dagegen zu wenig Elektronen für ein ideales Gitter zur Verfügung (p-Dotierung), man kann hier von "Löchern" sprechen. Folgende Abbildung verdeutlicht dies:

Abbildung 4.2.2 zeigt einen n- und einen p-dotierten Halbleiter:[2]

n-dotiert p-dotiert

 

Werden nun wie bei einer Diode ein n-dotierter und ein p-dotierter Halbleiter zusammengebracht so passiert folgendes:

 

Abbildung 4.2.3 zeigt die Raumladungszone in einer Solarzelle:

Die überflüssigen Elektronen des n-dotierten Halbleiters werden vom p-dotierten Halbleiter quasi zum "stopfen der Löcher" benutzt; es bildet sich also ein schmaler p-n-Übergang (Raumladungszone), bei dem die p-dotierte Seite durch die Elektronen leicht negativ und die n-dotierte Seite durch die Entfernung der Elektronen leicht positiv geladen ist. Es bildet sich also ein elektrisches Feld aus. Trifft nun ein Photon auf ein Elektron im Kristall und übergibt ihm seine Energie, so kann es aus dem Gitterverband austreten und wird von dem elektrischen Feld des p-n-Übergangs in den n-dotierten Bereich geleitet, der sich folglich negativ auflädt. Der p-dotierten Teil bleibt positiv geladen zurück; man spricht daher von Ladungstrennung. Erst jetzt haben wir also Ladungsträger, die von der Solarzelle abgegriffen werden können. Ein Ladungsaustausch in der Solarzelle selbst wird durch das elektrische Feld des p-n-Übergangs verhindert. Für den physikalisch interessierten Leser bietet sich eine Betrachtung im Bändermodell an:

Abbildung 4.2.4 zeigt die Prozesse in einer Solarzelle im Bändermodell:[3]

 

Ein Photon trifft auf ein Elektron im Halbleiter und hebt es aus dem Valenz- in das Leitungsband, also aus dem gebundenen in den freien Zustand. Dazu muß das Photon eine Mindestenergie hn mitbringen, die größer als die Bandlücke zwischen dem Valenz- und dem Leitungsband (Eg) ist. Diese Bandlücke ist vom Material abhängig. Das Elektron kann nun im Leitungsband diffundieren und zum p-n-Übergang bzw. der Raumladungszone gelangen. Das elektrische Feld schiebt nun das Elektron auf die n-Seite, die negativ aufgeladen wird, während die p-Seite positiv geladen zurückbleibt. Aus dieser Betrachtung werden einige Verlustmechanismen deutlich. Zuerst einmal bringt nicht jedes Photon genügend Energie mit sich, um ein Elektron in das Leitungsband zu befördern. Das Licht braucht also eine Mindestfrequenz, um Ladungsträger trennen zu können. Hat ein Photon andererseits zu viel Energie, so geht die Differenz zwischen der Energie des Photons und der Energie, die nötig ist, um das Leitungsband zu erreichen, verloren. Die überflüssige Energie wird in Form von Wärme an das Gitter abgegeben. Als weitere Verlustmechanismen kann man sich vorstellen, daß ein Elektron wieder mit einem Loch der p-Seite rekombiniert und dabei Wärme oder ein Lichtquant abgibt. Diese Rekombination kann nur durch beste Kristallqualität und höchste Reinheit minimiert werden; hier wird die Produktion der Zellen kostspielig.

Es ergibt sich nun das Problem, ein Material zu finden, das aufgrund seiner Bandlücke die einfallende Sonnenenergie am besten umsetzen kann. Auf der einen Seite darf diese nicht zu groß sein, da sonst zu wenig Photonen (nur die energiereichen) für die Ladungstrennung zur Verfügung stehen, auf der anderen Seite darf die Bandlücke nicht zu klein sein, da sonst zuviel Energie verloren ginge. Als ideal hat sich aus theoretischen Abschätzungen eine Bandlücke von etwa 1,5 eV herausgestellt. Für eine billige Produktion ist derzeit Silizium der beste Rohstoff. Detaillierte Informationen über den Aufbau von Solarzellen findet der interessierte Leser bei Bloss, Pfisterer.[4]

 

Bei der Produktion der Solarzellen auf Siliziumbasis gibt es drei unterschiedliche Verfahren, aus denen die drei Zelltypen hervorgehen: monokristallin, polykristallin und amorph. Monokristallines Silizium wird aus einer hochreinen Siliziumschmelze gewonnen. Aus ihr werden einkristalline Stäbe gezogen (durch langsames ziehen wächst ein Kristall aus der Schmelze), die anschließend in dünne Scheiben geschnitten werden. Weniger hochwertig ist das polykristalline Silizium. Dabei wird Silizium in Blöcke gegossen und anschließend in Scheiben geschnitten; die Abkühlung bedingt aber, daß sich unterschiedlich große Kristallstrukturen bilden; an den Kanten treten defekte auf, die sich in einem niedrigeren Wirkungsgrad niederschlagen. Amorphes Silizium wird auf einen Träger aufgedampft oder abgeschieden. Es werden sehr dünne Schichtstärken erreicht, die den Materialverbrauch stark reduzieren. Amorphe Siliziumzellen sind daher billig, haben aber nur einen geringen Wirkungsgrad. Dieser reicht aber im Kleinleistungsbereich, also beispielsweise bei Uhren und Taschenrechnern, vollkommen aus.

Der im Labor erreichbare Wirkungsgrad ist verständlicherweise immer höher als der in der Produktion erreichbare.

Tabelle 4.2.1 zeigt die Wirkungsgrade der Solarzellen auf Siliziumbasis:[5]

Material

Wirkungsgrad in %

Labor

Wirkungsgrad in %

Produktion

Monokristallines Silizium

etwa 24

14 bis 17

Polykristallines Silizium

etwa 18

13 bis 15

Amorphes Silizium

etwa 13

5 bis 7

 

Es wird aus der physikalischen Betrachtung deutlich, daß der Wirkungsgrad stark nach oben eingeschränkt ist und auch mit größtem technischen und finanziellen Aufwand bei Siliziumzellen kaum über 28% liegen kann. Neue Wege versucht man bei der Steigerung der Wirkungsgrade und der billigeren Produktion durch neue Materialien und neue Techniken einzuschlagen. Diese sind z.B.:[6]

Tabelle 4.2.2 zeigt Wirkungsgrade verschiedener Solarzellen im Labor:[7]

Material

Bemerkung

Wirkungsgrad in %

Silizium

oberflächenstrukturiert

etwa 24

GaAs

monokristalline Zelle

etwa 25

CdTe

Dünnschichtzelle

etwa 16

CuIn-Se2

Dünnschichtzelle

etwa 17

Si/GaAs

Tandemzelle

etwa 31

GaAs/GaSb

Tandemzelle konzentriert

etwa 33

Silizium

konzentriert

etwa 27

Silizium

MIS-Zelle

etwa 18

Titanoxid/Farbstoff

Grätzel-Zelle

etwa 10

 

Der Wirkungsgrad ist neben dem Material und der Einstrahlung auch von der Temperatur abhängig. Je niedriger diese ist, desto höher ist der Wirkungsgrad.

Abbildung 4.2.5 zeigt die Strom-Span-nungs-Kennlinie einer Si-Solarzelle:[8]

 

Abbildung 4.2.6 zeigt die Strom-Spannungs-Kennlinie eines PV-Generators bei verschiedenen Temperaturen:[9]

 

Aus Abbildung 4.2.5 läßt sich entnehmen, daß mit stärkerer Einstrahlung auch eine höhere Stromstärke einhergeht; die Spannung bleibt relativ konstant. Die Abbildung 4.2.6 zeigt die Temperaturabhängigkeit eines PV-Generators. Mit zunehmender Temperatur nimmt die Spannung ab, die Stromstärke nimmt nur geringfügig zu. Betrachtet man daraus die Leistung – also das Produkt aus Strom und Spannung – erkennt man, daß diese mit stärkerer Einstrahlung und sinkenden Temperaturen zunimmt. Dies erklärt auch, weshalb Anlagen im Hochgebirge höhere Wirkungsgrade aufweisen, als Anlagen im Flachland.

 

Eine einzelne Solarzelle – in der Regel 10 x 10 oder 15 x 15 cm groß – macht noch lang keine Solaranlage. Die nutzbare Spannung und Stromstärke wäre viel zu gering. Es müssen daher viele Solarzellen zu einem etwa 1 m² großen Modul geschaltet werden, welches die Zellen auch vor Umwelteinflüssen schützt. Ein Modul hat typischerweise dann eine Leistung von 10-100 Wpeak. Das "peak" steht hier für die Spitzenleistung des Moduls, also die optimale Leistung, die bei senkrechter Einstrahlung von 1000 W/m² und 25°C Zellentemperatur angesetzt wird. Solche Module können dann weiter für höhere Leistungen gekoppelt werden.

Die Solarmodule produzieren Gleichstrom; für die Stromversorgung im Haushalt werden jedoch 230 V Wechselspannung benötigt. Bevor der Strom also genutzt werden kann, muß er mit Hilfe eines Wechselrichters in Wechselspannung umgewandelt werden. Je nach Wechselrichter können hier große Verluste eintreten. Ein Wechselrichter sollte heutzutage mindestens einen maximalen Wirkungsgrad von 95% aufweisen können. Der Wechselrichter stellt bei netzgekoppelten Systeme auch die Verbindung zum Netz her.

Wie stellen sich nun im einzelnen die Kosten für eine PV-Anlage zusammen? Im Prinzip sind drei Faktoren zu nennen: Die Solarmodule, der Wechselrichter und die Montage. Aufgrund immer besserer Fertigungstechniken und Materialien werden die Solarmodule immer billiger. Der deutsche Photovoltaikmarkt ist starken Schwankungen der Nachfrage, aber auch des Angebots unterworfen. So sind aufgrund höherer Nachfrage die Preise in den letzten Jahren in Deutschland nicht sonderlich gefallen; eine Preisentwicklung zugunsten des Verbrauchers wird infolge produktiverer Herstellungsverfahren und Konkurrenzkampf erwartet. Einen entscheidenden Anstoß gibt hier das 100.000-Dächer-Programm (siehe Kapitel 6).

 

Abbildung 4.2.7 zeigt die Preisentwicklung von Solarmodulen bis 1995:[10]

Auf der y-Achse ist der Preis in Tausend DM/kWp aufgetragen und nicht, wie in der Graphik angegeben in DM/kWp. Man muß also zur Zeit mit Preisen von 7-10.000 DM pro kWp rechnen. Bei Wechselrichtern sollte nicht gespart werden, da hier, wie erwähnt, große Verluste auftreten können. Die Preisspanne für Wechselrichter ist groß; gerechnet werden muß mit 1.500 bis 2.000 DM je kWp.

 

PV-Anlagen haben eine hohe Lebensdauer. So sind Garantiezeiten von 20 Jahren keine Ausnahme. Das Institut für Elektrische Energietechnik (Fachgebiet Erneuerbare Energien) der TU-Berlin führte eine Untersuchung der Alterserscheinungen bei vier Photovoltaikmodulen aus den Jahren 1977 bis 1984 durch und kam zu folgendem Ergebnis:[11]

"Solarmodule werden zurecht als die zuverlässigste Komponente photovoltaischer Energiesysteme bezeichnet. Wie diese Untersuchungen gezeigt haben, sind an einigen Modulen zwar erhebliche Alterungserscheinungen, verbunden mit entsprechenden Leistungsverlusten, zu erkennen. Komplette Modulausfälle wurden jedoch nicht festgestellt. Selbst die 20 Jahre alten Module der Baureihe MQ 32 waren nicht davon betroffen. Ebenso war kein Modul von schweren Fertigungsfehlern wie Zellbruch, schlechter Kontaktierung oder Kontaktunterbrechung betroffen. Der Defekt mit den höchsten Leistungsverlusten ist die Verfärbung der Kunststoffeinkapselung (Browning), welche auch einige andere optische Fehler nach sich zieht. Die maximalen Leistungsverluste betrugen 43,6 %.
Neuere Kunststoffverbindungen weisen auch nach längeren Betriebszeiten bei Modultemperaturen über 70 °C keine Degradation und nur eine leichte Verfärbung auf, so daß die Leistungsverluste aufgrund dieses Defekts bei heutigen Modulen wesentlich geringer sind. Bei Einsatz von Photovoltaikmodulen in tropischen Regionen werden jedoch aufgrund extremer klimatischer Bedingungen auch heute noch starke Fehler bereits nach wenigen Jahren beobachtet. Bei den neueren hier untersuchten Modulen ergaben sich unter mitteleuropäischen Klimabedingungen Leistungsverluste von unter 1%/a. Somit ist zu erwarten, daß neu errichtete Anlagen hierzulande auch nach einer Betriebszeit von über 20 Jahren einen zufriedenstellenden Betrag liefern."

 

zurück zum Inhaltsverzeichnis

1 Quaschning V., 1998: 122

2 Ibach H., Lüth H., 1995: 342

3 Bloss W. H., Pfisterer F., 1994: 8

4 Bloss W. H., Pfisterer F., 1994: 8

5 DGS (Hrsg.), 1997, Photovoltaik 1

6 DGS (Hrsg.), 1997, Photovoltaik 1

7 DGS (Hrsg.), 1997, Photovoltaik 1

8 DGS (Hrsg.), 1997, Photovoltaik 1

9 Krauter S., Online Information v. 18.08.1999

10 Schmid J., Online-Information v. 18.08.1999

11 Grochowski A., Hanitsch R., Quaschning V., Online-Information v. 09.08.1999

 

zurück zum Inhaltsverzeichnis